Curriculum
Sport kann in Deutschland – ähnlich wie in anderen europäischen Nationen wie England oder Schweden – auf eine lange Tradition zurückblicken. Friedrich Ludwig Jahn gilt als Vater der deutschen Turnbewegung. Diese wurde 1810 gegründet und verfolgte das Ziel, eine körperlich fitte Bürgerwehr gegen Napoleon zu schaffen. Im Jahr 1811 eröffnete Jahn dafür den ersten öffentlichen Turnplatz auf der Berliner Hasenheide. Schon früh wurde Sport im Schulbetrieb verankert, und Deutschland leistete gemeinsam mit Schweden einen grundlegenden und wichtigen Beitrag zur Turn- und Gymnastikbewegung.
Die industrielle Revolution förderte den modernen Sport als Mittel zur Gesundheitsförderung. Es entstand organisierter Sport mit seinen Verbänden und internationalen Wettbewerben. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde insbesondere der Fußball zu einer Massenbewegung.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Sport für die politischen Ziele der NSDAP missbraucht und instrumentalisiert. Der traurige Höhepunkt der nationalsozialistischen Sportpolitik waren die Olympischen Spiele 1936 in Berlin.
Seit 1950 ist der Sport in Deutschland unabhängig vom Staat organisiert. Es existiert ein subsidiäres System: Der Sport organisiert sich selbst – selbstbestimmt und eigenverantwortlich. Der Staat greift nur dann unterstützend ein, wenn ohne ihn keine Lösung möglich ist. 1963 wurde die Fußball-Bundesliga gegründet. Damit entstand die erste bundesweite Spielklasse für Profis, was den Profisport in Deutschland endgültig etablierte.
Der organisierte Sport steht in intensivem Austausch mit anderen gesellschaftlichen Bereichen – mit Politik, Wirtschaft, Medien, dem Bildungssystem und der Wissenschaft; im Hochleistungssport auch mit Militär und Polizei.
Nach der Teilung Deutschlands entwickelte sich ein sportlicher Wettkampf zwischen der BRD und der DDR: In der DDR wurde der Leistungssport staatlich gefördert und kontrolliert, um bei Olympischen Spielen prestigeträchtige Medaillen zu gewinnen. Der Staat setzte dabei auf systematisches Doping, um die Leistungen zu steigern. Auch in der BRD wurde die Nachwuchsförderung intensiviert, insbesondere mit Blick auf die Olympischen Spiele 1972 in München.
International trägt der deutsche Sport die Olympische Bewegung. Deutsche Sportler nehmen regelmäßig an den Olympischen Spielen teil. Deutschland hat zuletzt 1972 in München Olympische Spiele ausgerichtet. Zudem zählen deutsche Sportverbände in den Disziplinen Fußball, Handball und Leichtathletik zu den größten der Welt.
In Deutschland gibt es rund 90.000 Sportvereine mit mehr als 27 Millionen Mitgliedern. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist im Bereich Sport die weltweit größte „Non-Governmental Organization“. Als Grundlage verfügt der DOSB über eine systematische Struktur und eine umfassende Infrastruktur.
Der Sport in Deutschland ist – vor allem im Spitzensport – jedoch auch Gefahren ausgesetzt, die ebenso in anderen Nationen und weltweit bestehen: Einflussnahme, Manipulation, Korruption und nicht zuletzt Dopingbetrug. Diese Faktoren gefährden den Sport und stellen das Grundprinzip des „Fair Play“ infrage.
Die Organisationsformen des deutschen Sportsystems ruhen auf drei Säulen:
Staatliche Sportanbieter: Beim staatlichen Sportangebot begegnen Schulpflichtige dem Sport im deutschen Schulwesen, an Hochschulen sowie in Angeboten kommunaler Einrichtungen.
Gemeinnützige Sportanbieter: Das gemeinnützige Sportangebot wird vor allem durch Sportvereine getragen. Daneben bestehen auch Angebote bei Rettungsdiensten und Kirchen.
Privatwirtschaftliche Sportanbieter: Privatwirtschaftliche Sportangebote finden sich in Betrieben, Tourismusunternehmen, Alteneinrichtungen, bei Krankenkassen, in kommerziellen Studios sowie im Sportartikelhandel.
Die öffentliche Sportverwaltung hat in Deutschland – historisch bedingt – eine deutlich geringere Bedeutung als in vielen anderen Nationen. Sie ist hierarchisch gegliedert, wodurch die politische Verantwortung für den Sport auf verschiedene Ebenen verteilt wird:
Bund: Repräsentiert durch den Bundespräsidenten und als Teil der Bundesregierung (Bundesministerium des Innern). Zu den verfassungsgemäßen Aufgaben gehören:
Belange des Hochleistungssports
Sportförderung und Finanzierung
Sportpolitik
Förderung der Bundessportfachverbände
Infrastrukturförderung
Spitzenförderung in der Bundespolizei
Förderung des Spitzensports für Menschen mit Behinderung
Nationale und internationale Dopingbekämpfung
Internationale Sportpolitik sowie Forschung und Wissenschaft
Bundesländer: Zuständig sind die Kultus-, Sozial- oder Innenministerien. Die Aufgaben umfassen:
Schulsport
Sportanlagen
Nachwuchsleistungssport
Kommunen:
Vereinsförderung
Sportstätten (Bau, Unterhaltung, Weiterentwicklung)
Sportvereine in Deutschland sind als gemeinnützige Organisationen im Vereinsrecht verankert und beruhen auf dem freiwilligen Engagement ihrer Mitglieder. Der Vereinszweck richtet sich nach den Interessen der Mitglieder und ist in der Satzung ebenso festgelegt wie die demokratischen Entscheidungsstrukturen. Die Vereine handeln unabhängig vom Staat und erfüllen ihre Aufgaben überwiegend durch ehrenamtliche Mitarbeit.
Traditionell sind viele Vereine auf eine einzelne Sportart spezialisiert. Zunehmend entstehen jedoch Mehrspartenvereine, die mehrere Sportarten gleichzeitig anbieten und betreiben, um ein breiteres Spektrum an Aktivitäten zu ermöglichen.
Die Vereine sind in ein zweigleisiges Verbandssystem eingebunden, das ihre organisatorische und sportpolitische Einbindung sicherstellt.
Die Sportvereine sind Mitglied in ihrem jeweiligen Landessportfachverband, der seinerseits dem Bundessportfachverband angehört. Dieser wiederum ist in den entsprechenden internationalen Sportfachverband eingebunden.
Darüber hinaus sind die Sportvereine Mitglied in ihrem Landessportbund, gegebenenfalls auch in regionalen Sportverbänden.
Sowohl die Bundessportfachverbände als auch die Landessportbünde sind Mitglieder im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entstand im Jahr 2006 durch die Fusion des Deutschen Sportbundes mit dem Nationalen Olympischen Komitee. Als Dachverband des deutschen Sports stärkt er die Strukturen des organisierten Sports und bündelt deren Interessen. Der DOSB vereint olympische und nichtolympische Spitzenverbände, Landessportbünde, Verbände mit besonderen Aufgaben sowie persönliche Mitglieder.
Als zentrale Interessenvertretung wirkt der DOSB sowohl bei der Gestaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen als auch bei der Verteilung öffentlicher Mittel im Sport maßgeblich mit. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Aus- und Fortbildung.
Mitgliederstruktur des DOSB:
39 olympische Spitzenverbände und 26 nichtolympische Spitzenverbände
16 Landessportbünde
20 Sportverbände mit besonderen Aufgaben
Sportverbände ohne internationale Anbindung
15 persönliche Mitglieder
2 deutsche IOC-Mitglieder
Die Spitzenverbände und Landessportbünde bilden die tragenden Säulen des DOSB. Gemeinsam mit weiteren Mitgliedsverbänden stellen sie die Mitgliederversammlung, die das Präsidium wählt und in ständigen Konferenzen mitarbeitet. Für seine operativen Aufgaben beschäftigt der DOSB über 100 hauptamtliche Mitarbeitende.
Aus- und Fortbildungssystem: Die vielfältigen Anforderungen im Sport erfordern ein breit gefächertes Ausbildungssystem. Die Sportverbände bieten mehr als 600 Ausbildungsgänge an, die sich am übergeordneten Konzept des DOSB orientieren. Die Ausbildung gliedert sich nach Ausbildungsgängen (Übungsleiter, Trainer, Jugendleiter, Vereinsmanager) sowie nach Lizenzstufen (C-, B- und A-Lizenz).
In Deutschland existieren über eine halbe Million DOSB-Lizenzen; jährlich kommen rund 40.000 neue hinzu, vor allem in den unteren Lizenzstufen. Mit steigender Lizenzstufe nimmt die Zahl der ausgestellten Lizenzen ab.
Die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des Deutschen Sportbundes (RRL) legen die Kriterien für die Ausbildung fest. Sie werden von den Sportorganisationen gemeinsam mit dem DOSB entwickelt und gewährleisten Qualität sowie Vergleichbarkeit im organisierten Sport.
Auf seiner Internetseite schreibt der DOSB zu den Lizenzstufen
(Stand 12/2024):
Die Trainer*innen-Ausbildungen teilen sich in die Bereiche Leistungssport und Breitensport auf. Im Breitensport sind es meist aktive oder ehemalige Sportler/innen oder Eltern von sportaktiven Kindern, die sich als Trainer/innen engagieren. Ob in der Kinder- und Jugendarbeit oder mit Erwachsenen, die Verantwortung als Trainer/in birgt zahlreiche Herausforderungen, weshalb sich viele für eine Ausbildung mit DOSB-Lizenz entscheiden.
Während im Breitensport Trainer*innen viele Vereinsmitglieder ansprechen sollen, ist die Ausbildung im Leistungssport darauf ausgerichtet, Talente zu erkennen und zu fördern.
Der Sport ist in Deutschland auch im privaten Bereich organisiert. Häufig entstanden diese „funktionalen Differenzierungen“ aus Kampagnen, Trends und sportlichen Booms, wie etwa der Trimmkampagne oder dem Fitness-Boom. Besonders die Fitnessbranche verzeichnet ein kontinuierliches Wachstum – sowohl hinsichtlich der Mitgliederzahlen als auch der Zahl der Anbieter.
Das private Sportangebot wird überwiegend durch kommerzielle Trainingsstätten bereitgestellt, die oftmals – jedoch nicht zwingend – mit professioneller Sport- und Trainingsanleitung verbunden sind. Dazu zählen unter anderem:
Fitnessstudios
Kampfsportschulen
Tennis- und Squashanlagen
Tanzschulen
Bowling- und Kegelbahnen
Skigebiete
Sportschulen (z. B. für Boxen, Reiten, Segeln)
Kletterhallen
Sportangebote in Verbindung mit Reisen und Urlaub
Privatrechtlich betriebene Sportstätten für einzelne Sportarten (z. B. Arena Geisingen)